Geht Lieben ohne Liebe?
Das "Sehen ohne Augen" erfährt wellenartig beachtliche Aufmerksamkeit. Es geht dabei nicht vornehmlich um Hilfe für Blinde, sondern um Arbeit mit Sehlingen, wie wir Augengucker ja in sprachlicher Balance von blinden Menschen genannt werden.
Grob gesagt geht es beim „Sehen ohne Augen“ darum, dass Du Deine Augenlider schliesst und dennoch klar Farben erkennst, Text liest oder z.B. einen Hindernislauf schaffst, ohne anzuecken.
Das dahinter ein Eingriff ins Alltagsbewusstseins steht, wird nicht benannt, ist aber offensichtlich. Jeder Eingriff auch ins Alltagsbewusstsein eines anderen mittels zielgerichteter Methodik ist Manipulation. Wahre Entfaltung des Bewusstseins geschieht jedoch nie durch Manipulation, sondern einzig durch die in höchstem Maße individuelle, eigendynamische Entwicklung. Dies dank entschlossener Hinwendung des Individuums, des einzelnen Menschen, zu den schlichten Fragen:
Dies umschreiben wir mit Worten wie Einkehr oder Meditieren. Meditieren hat nichts mit einem Sitzkissen zu tun, und ist auch nicht an solch ein Kissen gefesselt. Meditieren verlangt auch nicht nach Gong und Klangschale - all dies kann jedoch insbesondere im Beginn des Forschens dem Einzelnen den äusseren Raum zum Meditieren bereiten. Ich sitze nach wie vor morgens still auf einem Sitzkissen. Wie lange schon? Egal!
Klare Sache: wenn ein Blinder durch die Arbeit mit „Sehen ohne Augen“ besser in der Welt der Sehlinge klarkommt ist das eine große Hilfe und ich wünsche von Herzen gutes Gelingen! Nur, warum soll ich Sehling meine Augen schließen um dann doch wieder nur genau(!) das zu sehen, was ich mit geöffneten Augen auch sehe? Denn es geht bei der Methode nicht um erweiterte Sicht, es geht nich um schauende Durchdringung der dreidimensionalen Begrenzung. Allein solche Schauung lässt erkennen, was im dreidimensionalen Schwingungsfeld (Frequenzbereich) nicht erkennbar ist, was sich so unserem alltäglichen Gucken mit den Augen entzieht. Beim „Sehen ohne Augen“ soll ich mit geschlossenen Lidern aber genau bloß und nur das sehen, was die materielle Welt bietet und was ich ganz banal mit offenen Lidern sowieso sehe.
Fernsehbilder empfangen, ohne dass ein Fernseher läuft? Ein Schelm wer beim „Sehen ohne Augen für Sehlinge“ ein niederes Bewusstsein vermutet. Nochmal zur Bekräftigung: für blinde oder stark sehgeschwächte Menschen sehe (!) ich das anders.
Meine Erfahrung mit dem Augentraining im Gebrauch der wach geöffneten Augen, so wie ich es auch weitergebe, ist, dass jeder Mensch sich aus diesem Training das Tempo und die Weitsicht nimmt, die er jetzt im Moment verkraftet. Körperlich, geistig und seelisch verkraftet. Wenn es einem Menschen reicht, die Brille seltener zu tragen - gut. Wenn ein Mensch für sich entschlossen ist, die Brille ganz abzulegen - gut. Wenn ein Mensch für sich entschlossen ist, sein Sehen von allen Konditionierungen zu befreien und zu erkennen, was ‚hinter‘ den Erscheinungen ist - gut. Das letzte jedoch geht einher mit dem achtsamen und immer wieder neuen Hinterfragen, dem Üben von Einkehr und Meditieren, dem Erwachen. Das braucht jene weltliche Zeit, die es eben braucht!
An dieser Stelle enttarnt sich das „Sehen ohne Augen“ auch endgültig, denn es ist das hohle Versprechen einer Abkürzung.
Statt „jahrelang in Tibet zu meditieren“ (was für ein Zynismus) soll die innere Schauung in ein paar Abendstunden an fünf Tagen einer Woche -schwups- passieren. Tatsächlich geschieht Schauung mitunter -schwups-, jedoch nie ohne den eigenen(!) Weg. Es braucht die Atemzüge achtsamer Frage und das wahre Lauschen hinein ins bewusste Sein. All dies ist in so höchstem Maße der individuelle Weg jedes Einzelnen, dass sich das Versprechen einer Abkürzung in seiner ganzen obszönen Hässlichkeit offenbart. Eine Obszönität, die auch durch die geforderten Kursgebühren sicht(!)bar wird.
Für Menschen ohne Augenlicht, dies sei erneut bekräftigt, mag diese Arbeit eine Hilfe sein, dass kann ich als Sehling nicht erkennen. Bei einer von Wahrheit und Achtsamkeit, von Liebe durchdrungenen Beziehung von Trainer und Schüler bin ich sogar gewiss, dass es möglich ist. Dennoch bleibt das „Sehen ohne Augen“ auch dann ein vor allem reißerischer Titel. Verkauft von Halbgestalten, die wahre Schöpferkraft in Fetzen reißen wollen um sie, mit ihrem Preisschild versehen, zu vermarkten.
Ich ermuntere bewusst dazu, den eigenen Körper (Leib kommt von Leben) in seiner Wirklichkeit zu spüren und ihn als gegebenes Gefährt unseres Seins hier in der Welt zu leben. So gehe ich mit jedem weiter entlang des Weges, der sich ihm oder ihr auftut. Ganz egal, ob wir bei den Füßen beginnen, oder die gesamtkörperliche Bewegung als Einstieg nehmen, oder die Arbeit mit dem Hören, den Tönen und Klängen - oder eben das Befreien des Sehens im Augentraining. Es ist immer DEIN Weg, den ich mit meiner Selbstkenntnis und Kenntnis um Zusammenhänge mit Impulsen begleite. Es kann sein, dass wir uns unmittelbar in hochgeistige Schwingungen verbringen, es kann ebenso sein, dass Du einfach wieder schmerzfrei vom Stuhl aufstehst, schmerzfrei gehst - und nie wieder kommst. Beides ist gleich gut.
Es kann natürlich die Frage auftauchen, ob wir diesen Körper eigentlich brauchen um zu sein - immerhin lassen wir ihn hier. Zugleich: "ist unsere Freude an Blumen geringer, weil wir wissen, dass sie vergänglich sind"? ;)
Der Termin fürs nächste Augentraining hier im Kalender. Sonst frei nach Absprache in Einzelarbeit.
Wenn Sie Interesse an einem Kurs in Ihrer Ortschaft haben, sprechen Sie mich gern an.
Mit unserem physischen Auge sehen wir nur den Wechsel.
Nur unser geistiges Auge ist fähig, das Beständige im Wechsel zu sehen. (lama anagarika govinda)